Weil das Thema latent aktuell ist
14.10.2022 MuriAm 21. Oktober wird in der Klosterkirche des seligen Karl von Habsburg-Lothringen gedacht
Es ist hundert Jahre her, dass der letzte Kaiser von Österreich und König von Ungarn verstarb. Noch auf dem Totenbett wünschte er sich, dass eine Gebetsliga in seinem Namen für den Völkerfrieden betet. Bei dieser dabei ist Pfarrer Bernhard Schneider. Nun organisiert er in Muri ein liturgisches Gedenken, auch um die Gebetsliga wieder aufleben zu lassen.
Annemarie Keusch
Bernhard Schneider hat in der Klosterkirche bereits Messen gelesen, trat als Konzelebrant bei grossen liturgischen Feiern auf. Auch an Beerdigungen von Mitgliedern der Habsburgerfamilie war er mit anderen Geistlichen dabei. Schneider ist Mitglied der Freunde der Klosterkirche Muri. «Ein Sakralraum mit riesiger Geschichte», sagt der emeritierte Pfarrer über die Klosterkirche. Und dieser Sakralraum lebe, «auch durch die hochqualifizierte Kirchenmusik». Zudem hat Bernhard Schneider vor 20 Jahren regelmässig in der Klosterkirche gebetet. Während acht Jahren war er Pfarrer in Villmergen und besuchte regelmässig seine Gläubigen im Spital Muri. «Ein Abstecher für ein Gebet in der Klosterkirche gehörte immer dazu», sagt er.
Nun kommt er zurück ins Freiamt. Für ein liturgisches Gedenken an den seligen Karl von Habsburg-Lothringen, den letzten Kaiser von Österreich und König von Ungarn. Hundert Jahre sind seit dessen Tod vergangen. «Dass diese Feier in Muri stattfinden wird, war für mich klar», sagt Schneider. Hier liegen die Herzen Karls und seiner Gattin Zita begraben, auch jene von drei Söhnen. «Die Habsburgerfamilie hat eine enge Verbindung zu Muri», weiss auch Bernhard Schneider. Mitglieder der Familie werden auch am 21. Oktober da sein, wenn die Gebetsliga «Kaiser Karl für den Völkerfrieden» einen festlichen Gottesdienst begeht.
Gemeinsamer Tag
Eine Gebetsliga? Bernhard Schneider erklärt: «Das ist eine geistige Vereinigung, die in der ganzen Welt ihre Zweigvereine hat. Natürlich in Österreich, auch in anderen europäischen Ländern, aber eben auch in Südamerika und in Afrika.» Schneider spricht von einer losen Verbindung, in der sich die Mitmachenden verpflichten, für den Weltfrieden, den Kaiser Karl als Völkerfrieden bezeichnete, zu beten. Jährlich gibt es Zusammenkünfte. Schneider schliesst sich meist jener in Bayern, in Österreich oder im Südtirol an. «Der Schweizer Zweigverein ist kaum mehr aktiv.» Das versucht er zu ändern und nimmt den hundertsten Todestag zum Anlass dazu. «Gerade in Muri sind viele Gläubige mit dem Hause Habsburg verbunden», sagt er und hofft, dass diese am Freitag, 21. Oktober, 10.30 Uhr, auch am Gottesdienst teilnehmen.
Dass dieser ausgerechnet an diesem Datum stattfindet, ist kein Zufall. «Es ist der Hochzeitstag von Kaiser Karl und Kaiserin Zita», weiss Bernhard Schneider. Und auch für den emeritierten Pfarrer ist es kein unwichtiger Tag. «Ich feierte an diesem Datum damals meine Primiz», sagt er. Es ist eine seiner speziellen Verbindungen zur kaiserlichen Familie. Schneider war noch im Priesterseminar in Chur, als er Kaiserin Zita persönlich kennenlernte. Eine herzliche Frau sei sie gewesen, aber eine, die immer Distanz gewahrt habe. Der Kontakt zu ihr habe bis zu ihrem Tod 1989 bestanden. Sie schrieben einander Briefe, tauschten sich aus.
Letzter Wunsch am Sterbebett
Die Habsburgergeschichte hat Bernhard Schneider seit seiner Schulzeit interessiert. «Ich bin in Ramsen aufgewachsen, dem einzigen katholischen Dorf im Kanton Schaffhausen. Es gehörte bis zur Zeit von Maria Theresia zu Habsburg», erzählt er. Über den Kontakt zu Kaiserin Zita sei sein geschichtliches Interesse natürlich noch gefördert worden. «Sie verkörperte diese Geschichte quasi», sagt er. Dieser Kontakt zur Habsburgerfamilie, der auch nach Zitas Tod nicht abriss, ist der Hauptgrund für Schneiders Engagement in der Gebetsliga «Kaiser Karl für den Völkerfrieden». Zita habe ihm erzählt, dass ihr Mann sich auf dem Sterbebett wünschte, dass eine Gebetsliga entstehe, die für den Völkerfrieden bete. «Er schaffte es zu Lebzeiten nicht, Frieden herzustellen, wollte aber diesen Gedanken weitergeben.» Für ihn sei klar gewesen, dass er in dieser Gebetsliga mitmachen werde.
«Täglich», sagt Schneider auf die Frage, wie oft er für den Weltfrieden bete. Ob es nicht mittlerweile andere, aktuellere Persönlichkeiten gebe, im Namen deren man für den Weltfrieden beten soll? «Das stimmt. Aber durch die Seligsprechung hat Kaiser Karl einen anderen Rang bekommen. Nicht weil er Kaiser ist, sondern für sein überzeugtes Christsein. Er ist ein anerkanntes Vorbild. Darum macht das nach wie vor Sinn», ist Bernhard Schneider überzeugt. Zumal Kaiser Karl eine Persönlichkeit gewesen sei, die bis zum letzten Atemzug an den Weltfrieden geglaubt hat. «Solche Persönlichkeiten braucht es auch heute noch. Das Thema ist latent aktuell, leider.»
Auch in Österreich Nachwuchsprobleme
Kraft und Motivation, zu versuchen, die Gebetsliga auch in der Schweiz wieder aufleben zu lassen, holte sich Bernhard Schneider in Madeira. Hier, wo Kaiser Karl vor hundert Jahren starb, fanden Festivitäten statt. «Es war ein wunderbares Miteinander und bei mir kam der Wunsch auf, zu probieren, die Gebetsliga wieder zu forcieren.» Viel Hoffnung legt er dabei auf den öffentlichen Anlass in der Klosterkirche. Aber Schneider sagt: «Ich baue keine Luftschlösser.» Auch in Österreich habe die Gebetsliga Mühe, Nachwuchs zu finden. Und trotzdem sagt er: «Bei einer solch losen Verbindung mitzumachen, gibt einem das Gefühl von Gemeinschaft und bestärkt einen in dem, was man tut, auch im Gebet.»
Eigentlich wäre für das liturgische Gedenken ein Besuch des Apostolischen Delegaten bei der UNO in Genf vorgesehen gewesen. Erzbischof Fortunatus Nwachukuwu hätte nach Muri kommen sollen, musste aber kurzfristig absagen. Das Bedauern seitens Bernhard Schneider ist gross. Aber er sagt: «Der Gottesdienst findet trotzdem wie geplant statt, einfach in anderer Besetzung.»
Mehr Infos: www.gebetsliga.com.