Staubli entstaubt Familiennamen
06.09.2022 OberlunkhofenDas Buch «Oberlunkhofer Familiennamen – früher bis heute» wurde vorgestellt
Seit 50 Jahren schon recherchiert Rita Staubli-Eichholzer unentwegt zu Stammbäumen von Oberlunkhofer Familien. Ihr Buch in Zusammenarbeit mit Gabriela Arnold-Hagenbuch erschien schon 2021, eine öffentliche Präsentation war coronabedingt erst jetzt möglich.
«Frauen waren im 16. Jahrhundert nicht aktenkundig, waren keine juristischen Personen, wenn sie ein Anliegen hatten, mussten sie mit Bruder oder Vater vor Gericht oder vor die Behörde», so berichtete Ahnenforscher Kissling in seinem aufschlussreichen Referat.
Dieser Missstand hat sich zum Glück geändert. Die beiden Buchautorinnen waren das lebende Zeugnis dafür. Zeugnis für Frauenpower, Zeugnis auch für harmonische Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Generationen. Diese Kooperation zeigte sich auch darin, dass zwei Enkelinnen von Rita Staubli, Fiona Styger und Joline Ungrad, den Bücherstand charmant und kompetent betreuten, wo das Werk besichtigt und gekauft werden konnte.
Ahnenforschung in Wort und Bild
Mit geschickt aus dem 120 Seiten starken Buch ausgewählten Fotos von Häusern und Stammbäumen in Oberlunkhofen gelang es den beiden Referentinnen, das gut 50-köpfige Publikum in der Turnhalle für sich und ihr Werk zu gewinnen. Kombiniert mit gut strukturierten, eingängigen Kommentaren wurde das Buch also optisch und akustisch schmackhaft gemacht. Die Power-Point-Präsentation, gestaltet von Gabriela Arnold, zeigte auf, wo die Ortsbürger heute wohnen und wo sie herkommen. Genau deswegen waren die einheimischen Besucher erschienen. Sie studierten schon vor der Buchvorstellung, mit Kaffee und Gipfeli bewaffnet, im Gesprächsaustausch neugierig die ausgelegten Ortspläne, Leidhelgeli, Fotos und Stammbäume.
Zeigefinger wanderten über die geordneten Auslagen. Klara Huwyler aus Oberlunkhofen zum Beispiel suchte nach dem ausführlichen Stammbaum der Füglistallers. Rita Staubli erzählte, sie selbst habe gelegentlich viel Geduld gebraucht, um einzelne private Besitzer von Stammbaum-Originalen im Dorf «weichzuklopfen», ihr die Dokumente zum Kopieren zu überlassen. Die Kommentare der Autorinnen angesichts von Fotos der alten Häuser und der Überbauungen am gleichen Standort schienen bisweilen von leiser Wehmut geprägt, einem Bedauern der heutigen Baustile und -ziele. Kein Wunder: Wer mittels Ahnenforschung gezielt in die Vergangenheit blickt, wird halt viel Wertvolles entdecken, was man schon jetzt oder mit Blick in die Zukunft vermissen könnte.
Genaue Adressen gab es damals nicht
Dass die heutigen Strassen Namen tragen, erleichtert sicher die Orientierung. Dass diese wie auch Hausnummern früher fehlten, führte hingegen dazu, dass kreative Beinamen oder Zunamen entstanden, um die Hausbewohner auseinanderzuhalten. Dies erleichterte auch die Sucharbeit des ungeliebten Steuervogts. Rita Staubli berichtet aus ihrer Jugend: «Diese Leute waren für mich «sHärdöpfelhanse», weil der Urgrossvater so gerne Gschwellti hatte. Ich wusste gar nicht, dass sie Gumann hiessen.» Oder: «Gardi als Familienname gibt es in Oberlunkhofen nicht mehr – aber als Zuname sGardis existiert er noch.» Vor allem die zahlreichen originellen Bei- und Zunamen machen das Buch nebst den fundierten sachlichen Informationen über rein optische Veränderungen im Dorf so unterhaltsam. Da tauchen der «Hagenbuch Seepis», der «Chrüzträger Bertel», die «sGardis Weber-Seppe», «sGigeliburkerts», «sHuber-Banbertels» und viele andere auf.
Rezepte für Ahnenforscher
Historiker Roland Kissling wurde von Rita Staubli beauftragt, den Stammbaum der Eichholzers ab 1606 zurück bis zur ältesten Urkunde von 1449 zu dokumentieren. In dieser Zeit seien in unserer Gegend die ersten Tauf- und Totenbücher entstanden, weiss «Detektivin» Rita Staubli. Roland Kissling wies dennoch mahnend auf die lauernden Stolpersteine bei der Ahnenforschung hin. Viele Stammbäume verfolgten nämlich nur den eigenen Familienzweig, nicht den gesamten Baum. Familienwappen, nicht geschützt, seien verändert worden, auch die Orthografie von Namen (Lunkhofen hiess 694 n. Chr. «Lunchuft»). Als Methode für Ahnenforschung empfahl er: Ab 1600 bis etwa 1876 stütze man sich am besten auf Kirchenbücher, ab 1876 gibt es Zivilstandsämter mit den offiziellen Daten oder die Staatsarchive mit Unterlagen von Reformierten und Katholiken. Komplizierter werde die Zeit vor 1600. Es ergibt sich bloss ein hypothetischer Stammbaum, kein exakter wie aus den Kirchenbüchern, da es unweigerlich Lücken gibt, nicht einmal Geburts- oder Todesdatum sind sicher bekannt, man weiss nur, dass eine Person zu einem gewissen Zeitpunkt lebte. Sehr verwirrend sind auch Differenzen zwischen Ortsbürgerbüchern und den Pfarrereinträgen.
Kisslings Fazit: Der historisch älteste Eichholzer stammt aus Oberlunkhofen, am zahlreichsten waren sie jedoch in Unterlunkhofen, lebten auch in Bremgarten, Staffeln, Rottenschwil und Boswil. Eichholzers aus Oberund Unterlunkhofen sind nachweislich miteinander verwandt, wahrscheinlich auch mit jenen aus Bremgarten. Teilweise können auch Besitzungen dieser Eichholzers mit Datum belegt werden, zum Beispiel eine Hopfenmatt, Reben, eine Mühle und dergleichen sind beurkundet. --as