Potenzial wird bescheiden genutzt

  23.09.2022 Wirtschaft

Energiekrise: Stefan Staubli, Präsident Muri Enerige Forum, spricht über das Potenzial der Solarenergie

Stefan Staubli kennt sich mit ganz vielen Facetten der Energie aus. Er sagt: «Die Energiediskussion ist sehr ‹stromlastig›. Das entspricht nicht der tatsächlichen Situation.» Nichtsdestotrotz spricht er über das brachliegende Potenzial von Photovoltaikanlagen auf den Dächern im Freiamt.

Annemarie Keusch

«Alle Energien müssen künftig erneuerbar und nachhaltig erzeugt werden.» Für Stefan Staubli, Förster und Präsident von Muri Energie Forum, ist dies klar. Gangbar ist kein anderer Weg. «Photovoltaikanlagen für die Stromerzeugung spielen dabei eine sehr wichtige Rolle», ist er überzeugt. Das Potenzial der Sonne, das auf die Fläche der Schweiz herunterbrenne, sei enorm. «Es würde grundsätzlich mehr als den Bedarf der Schweiz abdecken», ist er überzeugt. Aber so einfach ist es nicht. «Die grosse Problematik ist die Verfügbarkeit.» In der Nacht, während Schlechtwetterphasen oder besonders im Winter – immer ist die Sonnenenergie nicht verfügbar. «Die Speicherung ist dabei zentral», weiss Staubli. Die Forschung diesbezüglich schreite voran, sei aber noch längst nicht am Ende angelangt.

Batterien auf Basis von Salz und ohne Silizium und Kobalt könnten beispielsweise die Tag-Nacht-Problematik entschärfen. «Diese Technologie wird übrigens vom Förderprogramm MuriSolar unterstützt», betont Staubli. Jenem Projekt, das private Engagements in Muri finanziell unterstützt. Die Gelder dazu stammen aus den Kassen der Genossenschaft Kabelfernsehanlage.

Beim Netz liegt die zweite Herausforderung

Für Stefan Staubli ist klar: «Die Schlechtwetterphasen, wie auch die Winterphase mit wenig Sonneneinstrahlung, können nur mit anderen Speicherungen wie Wasserkraft und Pumpspeicherkraftwerken überbrückt werden.» Dabei sei klar, dass das Versorgungsnetz einiges mehr leisten müsse als bisher. «Einerseits muss es die volle Leistung zu den Verbrauchern liefern, andererseits muss es auch die Rückspeisung von Solaranlagen aufnehmen.» Beim Netz liegt aus seiner Sicht die zweite grosse Herausforderung neben der Speicherung.

Nicht ausser Acht lassen dürfe man die thermischen Anlagen, die warmes Wasser ohne Strom produzieren. «Diese sehr einfache Technologie kann neben dem Boiler auch die Heizung unterstützen und so einen aktiven Beitrag zum Stromsparen und zur Verminderung des CO2-Ausstosses durch fossile Heizsysteme beitragen», ist Staubli überzeugt. Eine solche thermische Solaranlage ist auch seit über 20 Jahren auf dem Dach des Hauses der Familie Staubli installiert. «Diese liefert für unseren Haushalt rund 70 Prozent des Jahresbedarfs an warmem Wasser.» Den klassischen Boiler, der meistens nachts mit Niedertarifstrom aufgeladen wurde, gebe es bei ihnen nicht mehr.

Solarstrom einkaufen, wenn nicht selber produzieren

Eine Photovoltaikanlage sei hingegen auf dem Dach der Staublis nur schwierig möglich. «Dachfenster, Kamin und Lüftungsrohre verunmöglichen eine effiziente Anordnung.» Anders sehe die Situation aus, wenn in rund fünf Jahren eine Dachsanierung notwendig werde. «Dann werden wir den Einbau von Solarziegeln genau analysieren. Dass wir keinen eigenen Strom produzieren können, ist schade. Dafür kaufen wir seit Beginn Solarstrom ein – ein sehr gutes Angebot für alle, die keine Möglichkeit haben, selber Strom zu produzieren.»

Stefan Staubli kennt die Gegebenheiten rund um die Solarenergie. Er weiss, dass das Verhältnis bezüglich grauer Energie sehr gut ist. «Kommt hinzu, dass die Entsorgung der Module zu mehr als 95 Prozent geregelt ist», sagt er. Nur der entsprechende Markt fehle aktuell noch. «Da praktisch noch keine Module anfallen. Sie sind langlebiger als gedacht.» Und angesprochen auf Vor- und Nachteile der Sonnenenergie antwortet Staubli deutlich: «Alles, was erneuerbare Energie produziert, muss angewandt werden.»

Lange Wartezeiten

Das Potenzial sei gross, auch im Freiamt. «Dieses wird aktuell noch sehr bescheiden genutzt», findet Staubli. Insbesondere seien auch Industrie und Gewerbe, die einen hohen Energiebedarf für die Produktion tagsüber ausweisen, gefordert, solche Anlagen zu bauen. «Die finanzielle Einsparung ist neben dem ökologischen Effekt enorm», ist er überzeugt. Zumal Photovoltaikanlagen seitens des Bundes vergütet werden. «Aktuell erhält eine Anlage mit zirka 15 Kilowatt Spitzenleistung rund 6000 Franken Einmalvergütung.» Wie sich diese Förderbeiträge entwickeln, sei ungewiss. «Das ist immer vom politischen Willen abhängig.»

Den Willen nach Veränderung stuft Staubli in Muri als gross ein. «Mit MuriSolar sind die Anreize sehr hoch», gibt er zu. Da weder die Anlagekomponenten verfügbar seien noch die Kapazität der Installationsbetriebe ausreiche, müsse aktuell mit Warte- und Lieferzeiten von über einem Jahr gerechnet werden.

 


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