GASTKOLUMNE
05.08.2022 MeinungenHans Melliger, Sarmenstorf.
Elina
Wollen Sie, mitten im heissen Sommerloch, eine coole Weihnachtsgeschichte hören? Natürlich wollen Sie, bei diesen Temperaturen. Wie bei allen Geschichten gibt es auch bei dieser hier einen Anfang, einen Mittelteil und einen Schluss. Darum zum Anfang ein paar Grundinformationen:
Sie heisst Elina und wir heissen Grabenstorf. Elina ist 36 Jahre alt, unser Theaterverein «ad hoc» hat erst, aber immerhin, schon 16 Jahre auf dem Buckel. Elina kümmert sich beruflich um die Ausstattung und Kostümierung von Fernsehshows und Theaterstücken. In Sarmenstorf wird gegraben und schliesslich in einer Grube Theater gespielt. Elina wohnte, bis der Krieg kam, in der Ukraine. Und wir hier in der Schweiz haben keine Ahnung, was das alles bedeutet.
Wir sind nun in der Mitte der Geschichte, die nun ihre Wendung nimmt. Elina flieht Ende Februar dieses Jahres aus der Ukraine und findet im Kanton Zug Asyl. Wir von Grabenstorf, die von all dem nichts wissen, suchen andererseits bereits verzweifelt nach einer Kostümbildnerin für unser Theater. Immer wieder Absagen. Immer mehr Sorgen um die Besetzung dieser wichtigen Funktion. Und dann kreuzen sich unsere Wege durch glückliche Umstände. Mit Englisch-Brocken und Handy-Übersetzungs-Programm werden wir uns schnell einig. Elina soll unsere Kostümbildnerin werden.
So weit, so gut, aber wir sind noch nicht am Schluss der Geschichte. Zwischen den zuständigen Ämtern in Zug und Aarau gibt es dann noch ein wenig «Theater» wegen der Arbeitsbewilligung. Alles hängt, um es in der Sprache einer Kostümbildnerin zu sagen, an einem seidenen Faden. Aber weil alle helfen und alle diese schöne Geschichte zu einem guten Ende bringen wollen, klappt es schliesslich trotzdem.
Der Schluss ist schnell erzählt: Elina bekommt einen richtigen Arbeitsvertrag und wir die lang gesuchte Kostümbildnerin für unser Theaterstück. Ein Glücksfall für beide Seiten und eine Geschichte mit einem richtigen Happy End. Auch die Moral von der «Geschicht» sei hier kurz erwähnt: Kultur veranstalten kann gerade in diesen Zeiten so schön verbindend sein – sei es vor, auf oder eben auch hinter der Bühne. Somit wäre eigentlich alles zu Ende erzählt … nein, halt, etwas gibt es noch: Elina feiert am 19. August ihren Geburtstag, am Tag unserer Premiere.