Fliegen

  05.07.2022 Meinungen

Annemarie Keusch, Redaktorin.

Sommerferien. Die Zeit des Fliegens. Wie viele Leute in diesen Tagen und Wochen in Flugzeugen unterwegs sind, ist unglaublich. Dies rein zahlenmässig darzustellen, ist das eine. Eindrücklich sind aber vor allem die Bilder jener Flughäfen, wo nicht mehr alles wie am Schnürchen läuft. Wo die Schlange fürs Check-in um zig Ecken führt. Wo die Flieger um Stunden verspätet sind. Wo sich die Gepäckstücke in den Ankunftshallen stapeln. Wo die Touristinnen und Touristen ihre Nerven verlieren. Dass selber schuld ist, wer unbedingt in die Ferien fliegen muss, das will ich damit nicht sagen. Auch ich tue es diesen Sommer wieder.

Und überhaupt, es geht nicht um Flugzeuge, sondern um Fliegen. Die neben den Mücken wohl mühsamsten tierischen Zeitgenossen. Der Sommer ist ihre Zeit, wenn es heiss und stickig wird, dann laufen sie zur Höchstform auf. Über 5000 Arten an unterschiedlichen Fliegen gibts – alleine im westlichen Europa. Irgendwie erschreckend. Zumal man sich überlegen muss, wie einen nur eine einzige dieser Arten zur Weissglut treiben kann.

Dass Fliegen sich dort häufen, wo es für die menschliche Nase nicht immer angenehm riecht, ist nicht neu. Auf einem Bauernhof aufgewachsen, war ich mir ihre Anwesenheit gewohnt. Ohne Fliegengitter im Sommer Tür oder Fenster offen zu lassen, ist höchst schwierig, ohne nachher eine Vielzahl an lästigen Gästen im Haus zu haben. Fliegenklatschen gibt es in fast jedem Raum. Wer erwischt mehr Fliegen damit? Als Kind wars manchmal wie ein Wettkampf.

Hätte es dieses Wochenende einen solchen gegeben, wären zwei Leute stundenlang absorbiert gewesen. Wir sassen draussen vor dem Blockhaus. Links und rechts erhoben sich Felswände, vor uns hügelige Wiesen, links floss ein eiskalter Bergbach ins Tal. An einem Tag auf der Weide vor, am anderen auf jener hinter dem Haus grasten die Rinder. Die Glocken um ihren Hals bimmelten. Idylle pur. Nur etwas störte: die gefühlt Millionen kleiner, nerviger schwarzer Fliegen. Einmal das Glas nicht abgedeckt, schwamm eine im Eistee. Das Essen teilte man unfreiwillig mit mehreren von ihnen. Da wünscht man sich bisweilen, sie würden anstelle der Menschen im Sommer in die Ferien fliegen. Und wenn man bedenkt, dass dies das Einzige war, was störte, merkt man, wie schön man es eigentlich hat.


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