«Ein Aufruf besorgter Dintiker»

  25.09.2020 Dintikon

Aktuell werden Flyer verteilt, die zur Diskussion um den Ortsbildschutz aufrufen

Der Gemeinderat möchte die Bau- und Nutzungsordnung an der Urne abstimmen lassen. Die Gegner wollen eine ausserordentliche «Gmeind», um darüber zu diskutieren. In Dintikon werden Flugblätter verteilt.

Chantal Gisler

«Ich möchte betonen, dass wir uns für das Dorf bild einsetzen», sagt Christian Wernli. Er spricht für die insgesamt 42 Beschwerdeführer, die sich gegen die Urnenabstimmung der Bau- und Nutzungsordnung (BNO) aussprechen. «Wir wollen nicht polarisieren, uns geht es nur ums Dorfbild und um eine sachliche Diskussion.» Vor einer Woche kündigte der Dintiker Gemeinderat an, dass über die Gesamtrevision an der Urne abgestimmt werden soll.

Eigentlich sollten die Dintiker Stimmbürger an einer ausserordentlichen «Gmeind» über das Planungswerk befinden. Doch der Gemeinderat sagt diese wegen der vielen Unsicherheiten in Bezug auf das Coronavirus ab. Eine Verschiebung auf die Winter-«Gmeind» kommt für den Gemeinderat nicht infrage. Denn es ist unklar, ob die Versammlung während der Pandemie überhaupt stattfindet. Ausserdem müssen an der Winter-«Gmeind» die Traktanden von der abgesagten Sommer- «Gmeind» nachgeholt werden. An der Gesamtrevision wird seit 2016 gearbeitet. Die Abstimmung muss deshalb möglichst bald stattfinden, argumentiert Gemeindeammann Ruedi Würgler.

Wie viele Gebäude sollen unter Schutz stehen?

Vor allem bei den Aspekten des Ortsbildschutzes gehen die Meinungen auseinander. Der Gemeinderat möchte mehrere Gebäude aus dem Substanz- respektive Volumenschutz entlassen. Derzeit stehen 10 Objekte unter Substanzschutz und 30 Objekte unter Volumenschutz. Gleichzeitig soll sich Dintikon entwickeln können. Gemäss Gemeinderat sind Einzonungen auf lange Sicht nicht mehr möglich. Und viele heute noch unter Schutz stehende Gebäude seien in den vergangenen Jahren sowieso umgebaut worden, sagt der Gemeinderat.

Das sehen die Gegner anders. Aus diesem Grund verfassten sie einen Flyer, der jetzt im Dorf verteilt wird – «ein Aufruf besorgter Dintiker». Von den bestehenden Schutzobjekten werde die Hälfte aus dem Schutz entlassen und der Spekulation preisgegeben. Damit geht jedes historische Gebäude, das abgerissen wird, verloren. Es brauche mehr als die verbleibenden Objekte, um den Dorfcharakter zu erhalten. Anstelle einzelner geschützter Objekte brauche die Gemeinde ein Ensemble von prägenden Häusern. Weiter argumentieren sie, dass der BNO die geeigneten Instrumente fehlen, die eine Dorfstruktur entwickeln und die Wohnqualität steigern können. Ebenfalls fehle ein Verkehrsrichtplan, der die Interessen des Dorfes berücksichtigt.

Es geht um Wachstum und Geld

Bereits ist eine Stimmrechtsbeschwerde eingegangen. Die 42 Beschwerdeführer sind laut Christian Wernli enttäuscht über das Vorgehen des Gemeinderates. «Es hätte die Gelegenheit gegeben, die Abstimmung auf einen anderen Abstimmungstermin, beispielsweise den 29. November, zu verschieben.» Sie hätten sich vom Gemeinderat einen Weg gewünscht, der weniger auf Konfrontation und mehr auf Zusammenarbeit basiert. «Der Gemeinderat unterlässt es jedoch, proaktiv auf uns zuzugehen und mit uns das Gespräch zu suchen. Das ist schade und lässt uns nun keine andere Möglichkeit, als unsere Anliegen ebenfalls über die Medien zu platzieren.» Als sie darüber informiert wurden, war die Urnenabstimmung schon beschlossene Sache. «Wir haben zwar versucht, den Gemeinderat umzustimmen, mussten aber feststellen, dass es nicht möglich war», sagt Christian Wernli.

Er selbst lebt in der alten Mühle im Dorf kern von Dintikon. Das Haus wurde liebevoll restauriert und hat seinen ursprünglichen Charakter behalten. «Wäre dieses Haus vor Jahren abgerissen worden, wäre ein Teil von Dintikon für immer verschwunden und es wäre eine klaffende Lücke entstanden. Leider sind in den letzten Jahren viele alte Häuser verschwunden und es entstanden anonyme Überbauungen, welche entweder eine grosse Mauer, eine Hecke oder die Garagen vor dem Haus haben.» Aus diesem Grund engagiert er sich für den Dorfbildschutz. Er sagt: «Diese von grossen Investoren getriebene Entwicklung müssen wir verhindern. Mir und meinen Mitstreitern geht es um ideelle Werte, der Gegenseite geht es um Wachstum und Geld.»


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