Die Zukunft steht im Kaffee

  11.09.2020 Region Oberfreiamt

Die Waltenschwilerin Güls¸en Uçak praktiziert die alte Tradition des Kaffeesatzlesens

Für Güls¸en Uçak hat jeder seinen eigenen Seelenplan. Dieser ist das persönliche Drehbuch und der Mensch ist darin der Hauptdarsteller. Die Regie des Lebens führt die Seele und Güls¸en Uçak liest das Drehbuch vor.

Susanne Schild

Neben dem aufputschenden Effekt wird Kaffee auch eine prophetische Wirkung nachgesagt. Mystisch klingt das Ganze ja schon: Man schlürft in aller Seelenruhe seinen Kaffee und am Ende erfährt man etwas über seine Zukunft. Und das nur, indem man den kleinen unscheinbaren dunklen Fleck, der in der Tasse zurückbleibt, deutet. Darin sieht Güls¸ en Uçak Bilder, bestehend aus Symbolen oder Figuren, die Aufschluss über das eigene Leben geben sollen.

Wann zum ersten Mal versucht wurde, aus dem Kaffeesatz die Zukunft vorherzusagen, weiss niemand so genau. Viele vermuten, dass es im südosteuropäischen Raum, einschliesslich der heutigen Türkei, im 17. Jahrhundert zum ersten Mal grössere Verbreitung fand. Dort trinken die Menschen heute noch gerne einen Mokka, der sich für das Kaffeesatzlesen am besten eignet.

Eine Gabe, die ihr in die Wiege gelegt wurde

Güls¸ en Uçak wurde in Bern geboren, ihre Eltern stammen beide aus Istanbul. Ihre Grossmutter, die in Ostanatolien lebte, war eine bekannte Kaffeesatzleserin. «Es ist eine Gabe und kann nicht wie ein Rezept nachgekocht werden», meint die Waltenschwilerin. In einer spirituellen Familie aufzuwachsen, sei für sie ganz normal gewesen. «Es war nichts Besonderes in unserer Familie, da auch meine Mutter diese Gabe der Intuition besitzt und auch aus dem Kaffeesatz liest.» Sie selbst sieht sich nicht als Medium, möchte nicht in die «esoterische Schiene» gedrängt werden. «Ich versuche das so seriös wie möglich zu machen. Ich verstehe mich als Vermittlerin und indirekte Lebensberaterin. Allwissend bin ich nicht, deshalb habe ich auch nicht für jede Frage eine Antwort bereit.»

Das Kaffeesatzlesen wurde ihr also quasi in die Wiege gelegt. «Ich habe dies nicht gelernt, es ist mir von meinen Ahnen übertragen worden.» Schon als Kind galt sie als sehr sensibel und intuitiv. «Ich bin der Kanal zur Vermittlung vom Lebensweg der Menschen.»

Ablauf der Sitzung

Güls¸ en Uçak bereitet ihren Kunden den Mokka, den türkischen Kaffee, zu. Dafür braucht sie die «Cezve», ein Kännchen aus Edelstahl oder Kupfer, um den Kaffee aufzukochen. Den aufgekochten Kaffee füllt sie anschliessend in eine Mokka-Tasse. Für die Zubereitung verwendet sie türkischen Kaffee, welcher staubfein gemahlen wurde, Wasser und, wenn gewünscht wird, Zucker. Diese Mischung kocht sie im «Cezve» auf.

Danach wird der Kaffee langsam und gemütlich bis zur letzten Flüssigkeit getrunken und Güls¸ en Uçak stürzt die Mokka-Tasse auf den Mokka-Teller. Nach zwei bis drei Minuten stehen die Bilder und sie beginnt diese zu deuten.

Kundschaft kommt aus allen Gesellschaftsschichten

Die Spuren in der Tasse zeigen nun, was der Seelenplan dem Mokka-Trinker vermitteln will. «Der Seelenplan verbindet sich mit dem Kaffeesatz, das passiert energetisch. Die geistigen Helfer zeigen mir die Bilder. Ich bin also nur eine Vermittlerin, keine Wahrsagerin.» So gibt es auch Fragen, die sie nicht beantwortet. «Die geistigen Helfer zeigen mir auch nur die Bilder, die wirklich wichtig sind.» Man müsse sich das ähnlich wie einen Kurzfilm vorstellen. Es erscheinen zwei oder drei Bilder aus der Vergangenheit, aus dem Jetzt und aus der Zukunft. Güls¸ en Uçak liest sich selbst nicht aus dem Kaffeesatz. «Zu mir selbst wäre ich zu emotional und nicht objektiv.» Ihre Kundschaft kommt aus allen Gesellschaftsschichten. Der Frauenanteil liegt bei 70 Prozent. «Frauen kommen vorwiegend in Begleitung, Männer allein.» Die Tendenz der Populärität des Kaffeesatzlesens nehme langsam zu, ist die Waltenschwilerin überzeugt. «Ich glaube, das liegt daran, dass die Gesellschaft viel offener geworden ist. Das Bedürfnis, sich an etwas Höherem zu orientieren, wächst.» Mit reinem rationalem Denken stossen viele an ihre Grenzen, ist die Kaffeesatzleserin überzeugt. «Es gibt einfach Phänomene zwischen Himmel und Erde, die man sich nicht erklären kann. Mir selbst gibt es etwas zurück, wenn ich Menschen helfen kann.»


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