Der Pfarrer, der zu Fuss kam

  19.01.2021 Bremgarten

Amtseinsetzung des reformierten Pfarrers Ruedi Bertschi am kommenden Sonntag, 24. Januar, 17 Uhr

Seit August ist Ruedi Bertschi als Pfarrer für die reformierte Kirchgemeinde Bremgarten-Mutschellen tätig. Mit seiner Frau ist er von Romanshorn in die Reussstadt umgezogen, per 4-tägigem Fussmarsch. Nun folgt endlich die feierliche Einsetzung.

André Widmer

«Gott geht mir voraus», sagt Ruedi Bertschi. Der neue reformierte Pfarrer für Bremgarten und Zufikon, der seit letztem August im Städtli tätig ist, ist den Weg von seinem ehemaligen Wohnort Romanshorn an seinen neuen Wirkungs- und Wohnort Bremgarten zu Fuss in Begleitung seiner Frau gegangen. Mittlerweile hat er sich im Freiamt gut eingelebt. Coronabedingt aufgeschoben findet nun auch endlich sein Amtseinsetzungsgottesdienst statt – am kommenden Sonntag, 24. Januar, um 17 Uhr in der reformierten Stadtkirche in Bremgarten. «Rechtzeitig noch vor meiner Pensionierung», meint der bald 60-Jährige verschmitzt.

Von Dürrenäsch in die Welt hinaus

Ruedi Bertschis Weg ist lang, er ist ein Weitgereister. Sein bisheriger Lebensweg führte ihn vom aargauischen Dürrenäsch, wo er aufwuchs, 1989 zunächst nach Nordkamerun. Dort war er als Pfarrer in der Mission tätig. Und dort lernte er seine Frau kennen. Die Erlebnisse in Afrika haben ihn nachhaltig geprägt. Beeindruckt erzählt er von einer Kirche, die wächst. Alle Religionen haben in Kamerun Zulauf, auch der Islam. Während hier in der Schweiz die Mitgliederzahl schrumpft. «Das ist eine geistliche Grosswetterlage», sagt Ruedi Bertschi analysierend. Eine Umkehr dieser Tendenz ist darum eine grosse Herausforderung.

Doch er will nicht schwarzmalen, sondern geht in seiner seelsorgerlichen Tätigkeit voll auf. Ruedi Bertschi sagt: «Ich bin ein Fan des Evangeliums und von Gott.» Und es freut ihn, dass er in Bremgarten eine lebendige Gemeinschaft angetroffen hat. «Es ist eine Gemeinde mit sehr vielen Freiwilligen.» Nach dem rund zehnjährigen Abstecher nach Afrika war Bertschi im Thurgau in Schönholzerswilen und Romanshorn tätig, bevor er nun im letzten Jahr nach Bremgarten kam. In den Monaten seit seinem Start hat natürlich auch Corona den Arbeitstag mitgeprägt. Derzeit gilt auch in den Kirchen Maskenpflicht und zudem eine Besucherzahlbeschränkung auf 50 Personen. «Ich habe nicht so viele Leute kennengelernt, als es wohl sonst der Fall wäre», so Bertschi. Man könne die Mimik hinter der Maske nicht sehen, die Emotionen kaum spüren. Singen dürften die Gottesdienstbesucher auch nicht. Das alles bedauert er natürlich. «Es ist wie vor einer Kamera.»

Ist auch die Seelsorge eine Herausforderung unter diesen Umständen? Er könne dies nicht abschliessend genau sagen, lässt Bertschi wissen. Urnenbeisetzungen ohne Feier haben in den letzten Jahren so oder so zahlenmässig zugenommen, rund die Hälfte finde ohne Pfarrperson statt. Und die Coronasituation mit den diversen Massnahmen dürfte dies noch akzentuiert haben, meint der neue reformierte Bremgarter Pfarrer. Auch die Situation um die Gottesdienste in den Institutionen ist derzeit nicht optimal. So konnte im Reusspark seit Oktober kein solcher mehr abgehalten werden, weil die Einrichtung aus gesundheitlichen Gründen verständlicherweise fast komplett dicht ist.

Auch viel Positives in schwieriger Zeit

Es gibt neben den schwierigen Umständen auch für die Kirche in der Coronazeit aber trotzdem viel Positives zu berichten: Neben der lebendigen Kirchgemeinde lobt Ruedi Bertschi zudem den tollen Kontakt unter den verschiedenen Konfessionen. «Ich erlebe eine sehr gute Zusammenarbeit mit den Katholiken und der neuapostolischen sowie der evangelischen Gemeinde. Das sind sehr herzliche Begegnungen auf einer aufrichtigen Basis. Ich spüre den starken Willen, gemeinsam unterwegs zu sein.» So dürften die Reformierten in Niederwil beispielsweise unentgeltlich den Gottesdienst in der katholischen Kirche abhalten – der Pavillon, wo die reformierte Kirche sonst feiert, ist platzmässig zu beengt in dieser pandemiebelasteten Zeit. Zudem findet Ruedi Bertschi sich in einem guten Team mit den Pfarrern Sebastian Rückel, Corinne Dobler und Christian Scharpf sowie den vier Sozialdiakonen wieder. Ruedi Bertschi erwähnt auch, dass er in Bremgarten und Zufikon von den Gemeindeammännern und den sozialen Diensten wohlwollend empfangen worden sei.

Wenig verwunderlich aufgrund seines Lebenslaufes ist, dass Pfarrer Ruedi Bertschi neben der geistlichen und seelsorgerischen Arbeit in der Region einen starken Schwerpunkt auf das Ressort Weltweite Kirche legt, dessen Zuständigkeit er von seinem Vorgänger Hans E. Jakob übernommen hat. An seiner vorherigen Arbeitsstelle in der Ostschweiz war Bertschi auch schon sehr aktiv in diesem Bereich. Er half das Sozialnetzwerk Oberthurgau aufzubauen. Der Bereich verfüge über eine sehr gute Asylarbeit, so Ruedi Bertschi. «Ich möchte mich längerfristig einsetzen für eine arbeitsmässige Integration.» Ein Pfarrer sei dafür sehr geeignet, könne er doch mit seinen zahlreichen sozialen Kontakten eine Drehscheibenfunktion ausüben, erläutert der Bremgarter Seelsorger. Man habe viele Gespräche mit spannenden Leuten. Da gebe es auch immer wieder potenzielle Arbeitgeber für Asylsuchende.

Anmeldung nötig

Für den Besuch des Gottesdienstes mit der Amtseinsetzung von Pfarrer Ruedi Bertschi ist aufgrund der Massnahmen zur Coronapandemie eine Onlineanmeldung auf der Website der reformierten Kirchgemeinde Bremgarten-Mutschellen nötig.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote