Den Sprung geschafft

  17.07.2020 Sport

Fussball, Super League: Der Freiämter Michael Kempter beim FC Zürich

Er war der Coronagewinner. Denn nach dem «Lockdown» schafft es der Rudolfstetter Michael Kempter in die Super League. Jetzt ist er allerdings in Quarantäne. Der 25-Jährige erzählt seine Leidensgeschichte, von seinen grossen Zielen und wieso er bald für die philippinische Nationalelf spielt.

Stefan Sprenger

Michael Kempter lebt mit seinen Eltern in Rudolfstetten. Wenn er ihnen in diesen Tagen begegnet, muss er eine Maske tragen. Er ist wie viele andere FCZ-Spieler in zweiwöchiger Quarantäne und sitzt nur daheim – und hält sich fit in den eigenen vier Wänden – und im Garten. «Mir geht es gut. Auch wenn es doch ein spezielles Gefühl ist.»

Zwei Jahre verletzt

Corona macht ihm einen Strich durch die Rechnung. Aber nur kurzzeitig. Denn er selbst sagt: «Ich bin ein Gewinner der Coronazeit.» Er hat zu Hause in Rudolfstetten während des Lockdowns hart trainiert. Viel mehr als eigentlich gefordert war. «Ich wollte topfit sein, wenn es wieder losgeht», so der Aussenverteidiger. Beim Leistungstest der Profis war er der zweitbeste Zürcher. Nur Toni Domgjoni war besser. FCZ-Trainer Ludovic Magnin holt ihn dann von der U21 zurück ins Profikader. Kempter spielte dann sieben Super-League-Partien von Anfang an. «Es läuft gut», so Kempter.

Dass er jetzt bei den Profis in der Super League spielt, ist für den Freiämter eine Genugtuung. Denn er hat eine besonders lange Leidensgeschichte hinter sich. Von Anfang an: Michael Kempter startet als sechsjähriger beim FC Rudolfstetten mit dem Fussball. Das war im Jahr 2001. Als E-Junior durfte er bei den D-Junioren mitkicken – und fiel durch sein grosses Talent einem Scout des FC Zürich auf. Mit elf Jahren wechselte er zum «Z» und durchlief danach alle Juniorenstationen. Kempter macht die KV-Lehre und kriegt im April 2016 seinen ersten Profivertrag.

Im selben Jahr steigt der FC Zürich in die Challenge League ab, muss dort unter anderem gegen den FC Wohlen antreten. Kempter macht 12 Spiele in der zweithöchsten Spielklasse, der FC Zürich steigt wieder auf. Der Weg ist geebnet für die Super League. «Doch dann geschah es. In der Vorbereitung zur Saison 2017/18 habe ich mir das Kreuzband gerissen», erzählt er. Nach der Kreuzband-Operation quälen ihn Schmerzen. Vier Monate danach folgt ein weiterer Untersuch. «Es hiess, es sei alles gut.» War es aber nicht. Er gibt neun Monate nach der OP sein Comeback bei der U21. Kempter erinnert sich: «Ich hatte so heftige Schmerzen, das konnte doch nicht sein.» Wieder folgen Untersuche, wieder ohne Befund. Kempter wechselt den Arzt, holt sich eine Zweitmeinung ein. Die Diagnose: Das Kreuzband wurde vom Körper abgestossen. Wieder muss er unters Messer. Das war im Mai 2018. Danach war es viel besser. Er kämpft sich erneut durch die Reha-Phase, gibt im März 2019 sein Comeback, spielt fortan bei der U21 in der Promotion League und ist nicht mehr Teil des Profikaders.

Die Chance genutzt

«Ich habe nie aufgegeben und immer weitergekämpft», sagt der 1,81 m grosse Fussballer. Im vergangenen Winter kriegt er nochmals eine Chance und darf mit den Profis ins Trainingslager. FCZ-Trainer Ludovic Magnin holt ihn wieder in die erste Mannschaft. Am 25. Januar 2020 gibt er sein Debüt in der Super League. Der FC Zürich verliert 2:3 gegen Luzern. «Ich machte ein solides Spiel, aber ich könnte es einiges besser», so Kempter.

Der FC Zürich leiht den dänischen Spieler Mads Pedersen vom FC Augsburg aus. Dann kam Corona. Und Pedersen ging zurück nach Augsburg. Michael Kempter erhält nochmals eine Chance. «Und jetzt habe ich sie genutzt.» Im Juni und Juli steht er immer von Anfang an auf dem Platz und macht seine Sache stark. Er verdrängt durch seine Leistungen Pa Modou. «Ich habe vom Trainer nun das vollste Vertrauen.» Kempter trumpft auf – bis der FCZ in der letzten Woche in die Quarantäne muss. «Macht nichts», so Kempter.

Er weiss, dass er momentan einen Lauf hat. Sein Vertrag endet im Sommer. «Mal schauen, wie es weitergeht.» Gerne würde er bei seinem FC Zürich bleiben.

Baldiges Debüt in der philippinischen Nati

In den vergangenen Monaten wurde auch klar, dass der Doppelbürger bald ein Nationalspieler wird. «Ich wusste, dass es für die Schweizer Nationalmannschaft wohl nicht mehr reichen wird», sagt er lächelnd. Die philippinische Nationalelf wurde auf ihn aufmerksam. Seit März hat er die Spielberechtigung für das Land seiner Mutter und war bereits in einem Trainingslager und bei Testspielen dabei. Er hofft, dass er noch in diesem Jahr sein Debüt für die Philippinen geben kann. Für das Team aus Asien steht die WMund Asia-Cup-Qualifikation an. Dort spielt er übrigens mit Martin Steuble, der 2011/12 für den FC Wohlen spielte. Apropos FC Wohlen: Kempter war im Winter der Saison 2016/17 in einem Probetraining beim FC Wohlen. Doch es kam zu keiner Verpflichtung.

Heute endet die Quarantäne

Macht nichts. Denn heute ist Michael Kempter Super-League-Profi, bald Nationalspieler und er fühlt sich pudelwohl. Sein grösster Traum wäre ein Wechsel im Ausland. «Die Bundesliga in Deutschland ist ein Kindheitstraum», so Kempter, der seit vier Jahren in einer Beziehung ist.

Seine Brüder Kevin und Dave sind auch begnadete Kicker. Allerdings ein paar Stufen tiefer. Kevin spielt heute in der ersten Mannschaft beim FC Mutschellen. David hat die Karriere beendet – er spielte ebenfalls beim FC Mutschellen. Häufiger Zaungast bei den Heimspielen auf der Burkertsmatt ist natürlich FCZ-Profi Michael Kempter. «Der FC Mutschellen ist einfach ein toller Verein mit starkem Drive. Sie haben ein paar sagenhafte Kicker in ihren Reihen, darunter mein Bruder, auf den ich mächtig stolz bin. Ich glaube, dieser FC Mutschellen hat das Potenzial um aufzusteigen.»

Heute Freitag endet seine Quarantäne. Und morgen Samstag hofft Michael Kempter auf einen Einsatz im Heimspiel gegen Meister YB (20.30 Uhr). «Ich bin fit und geladen – ich freue mich.» Wenn ihm die neuerliche Coronapause erneut so guttut, dann wird er gegen Young Boys eine klasse Partie zeigen.


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