«Demonstration» in Buttwil

  02.02.2021 Schule

Eklat an der Schule in Buttwil

Der Freitag war der letzte Arbeitstag von Nicole Beetz an der Schule in Buttwil. Das Arbeitsverhältnis wurde aufgelöst – im gegenseitigen Einverständnis. Die Demonstration einiger Eltern und Schülern zeigt, dass dies nicht zu aller Zufriedenheit ablief.

Die Lehrerin selber, die Schulleiterin Nadia Fischer, die Schulpflegepräsidentin Annelie Kramis und eine betroffene Mutter nehmen Stellung zu diesen Vorkommnissen. --ake


Aufruhr an der Schule Buttwil

Eine Lehrerin verlässt die Schule kurzfristig – es folgten eine Demonstration und Mobbingvorwürfe

Alle Beteiligten haben ein intensives Wochenende hinter sich. Lehrerin Nicole Beetz, die am Freitag letztmals in Buttwil unterrichtete, aber auch Schulleiterin Nadia Fischer und Schulpflegepräsidentin Annelie Kramis. Die Demonstration gegen die Trennung von Lehrerin Beetz rückte die Schule ins mediale Rampenlicht.

Annemarie Keusch / Susanne Schild

«Frau Beetz soll bleiben», schreien die Kinder und halten Transparente in die Höhe. Der Freitag war aber Nicole Beetz’ letzter Arbeitstag als Lehrerin in Buttwil. Seit 2018 unterrichtete sie an der Schule, zuletzt war sie Klassenlehrerin einer Abteilung aus 5.- und 6.-Klässlern und Mathematiklehrerin der anderen 5./6.-Klass-Abteilung. Schulpflegepräsidentin Annelie Kramis spricht von einem ordentlichen Prozess, der zur Trennung führte. «Es gibt gewichtige Gründe dafür und diese sind auch dokumentiert», sagt sie. Nur, öffentlich machen darf sie Kramis und auch Schulleiterin Nadia Fischer nicht. Der Grund: Persönlichkeitsschutz.

Es ist nicht das erste Mal, dass es an der Schule Buttwil zu kurzfristigen Vertragsauflösungen mit Lehrpersonen kommt. Vor rund einem Jahr gab es die gleiche Situation, in den gleichen Abteilungen. «Das ist natürlich unglücklich. Aber diese beiden Fälle haben nichts miteinander zu tun, die Hintergründe für die Trennung sind völlig unterschiedlich», sagt Schulleiterin Nadia Fischer. Es sei grundsätzlich nicht einfach, auf dem ausgetrockneten Arbeitsmarkt qualifizierte Lehrpersonen zu finden.

Wertschätzung tat Lehrerin Beetz gut

Nicole Beetz war bei ihren Klassen eine beliebte Lehrerin. Das zeigte die Demonstration am Freitag. «Das tat gut», sagt Beetz am Montag am Telefon. Sie habe es immer noch nicht richtig begriffen, dass sie nach den Sportferien nicht mehr in Buttwil unterrichten dürfe. «Diese Wertschätzung seitens der Kinder und ihrer Eltern zu erfahren, war schön», sagt sie. Weitere Fragen, warum es aus ihrer Sicht zur Trennung von der Schule Buttwil kam, will sie nicht beantworten. Zu gross sei die Angst, keinen Job als Lehrerin mehr zu finden. Nur so viel: «Ich habe nichts getan, das nicht richtig ist.»

Über konkrete Gründe können auch Kramis und Fischer nicht sprechen. Sie sagen aber, dass sie den Unmut und die Verunsicherung seitens einiger Eltern verstehen. Dass deswegen seitens weniger Eltern eine Demonstration organisiert wurde, verurteilen sie klar. «Es geht nicht, die Kinder für solche Zwecke zu instrumentalisieren», sagt Annelie Kramis.

Die Schule steht seit längerer Zeit in Kritik

Nicole Müller-Boder, Mutter einer betroffenen Schülerin und SVP-Grossrätin, sieht das anders. «Die Schule steht seit längerer Zeit in Kritik, und meine ältere Tochter hatte beispielsweise schon im letzten Schuljahr drei Lehrpersonen binnen einem einzigen Jahr.» Nicole Beetz sei die dritte gewesen. Mit Beginn ihrer Ära sei ihre Tochter regelrecht aufgeblüht. «Meine Tochter ging sehr gern zur Schule und liebte ihre Lehrerin richtiggehend», betont Müller-Boder.

Vor einigen Wochen erfuhr sie dann, dass die Lehrerin ihrer jüngeren Tochter per Ende Semester gekündigt hatte. «Dies ist eigentlich nicht üblich, und es stellten sich mir berechtigte Fragen.»

Vieles wurde im Vertrauen an Müller-Boder getragen

Losgelöst davon suchten im Herbst Lehrpersonen bei Nicole Müller-Boder Hilfe. «Da es sich eben nicht nur um eine handelte, sondern sich danach noch weitere meldeten, wusste ich, dass es sich nicht nur um eine persönliche Differenz zwischen zwei Menschen handeln konnte, sondern dass das Problem tiefer liegen muss.» Nicole Müller-Boder sammelte «Beweismaterial», meldete sich beim zuständigen Regierungsrat Alex Hürzeler. «Er wies die Schulaufsicht an, die sich gleich darauf bei mir meldete.» Zugleich informierte Müller-Boder den Gemeinderat. «Ich wollte mich dann aber wieder zurücknehmen, da meine zwei Mädchen hier zur Schule gehen.» Da ihr alles im Vertrauen erzählt wurde, «konnte ich damit auch nicht zur Schulleitung oder Schulpflege gehen. Es war wirklich nicht einfach.»

Die Lage spitzte sich letzten Donnerstag zu, als sie die entsprechende Nachricht von der Schulleitung bezüglich Weggang von Nicole Beetz erhalten habe. «Nach allem, was ich bis dato wusste, war mir klar, dass hier etwas faul ist.» Als sie Nicole Beetz damit konfrontierte, wollte sie sich ihr gegenüber nicht äussern. «Mir war sofort klar, dass sie nicht durfte.» Hinter solchem Verhalten könne sie nicht stehen. «Ich habe kein Vertrauen mehr in diese Schule.» Die Demo sei die Idee der Kinder gewesen, die Eltern hätten sie lediglich unterstützt, betont Müller-Boder. Als Mutter mache sie sich Sorgen um die Zukunft ihrer Töchter. «Ich bin der Meinung, dass die Qualität enorm leidet, wenn die Lehrpersonen ständig wechseln und es zwischenmenschlich nicht funktioniert.»

Rückendeckung von den Lehrpersonen

Bei der Demonstration war weder Schulleiterin Fischer noch jemand aus der Schulpflege dabei. «Wir haben aber einige Rückmeldungen erhalten, dass die Situation für Lehrpersonen und Schülerinnen und Schüler, die nicht betroffen sind, sehr belastend war», sagt Annelie Kramis. Umso schöner sei es, von verschiedenen Seiten Unterstützung zu erhalten – vom Gemeinderat, von Eltern von Schülerinnen und Schülern, von der Lehrerschaft.

In einem Schreiben, das die Lehrpersonen der Schule Buttwil der Schulpflege und der Schulleitung zukommen liessen, drücken sie den Verantwortlichen ihr Vertrauen aus. Vor allem Schulleiterin Nadia Fischer erhält viel Rückendeckung. «Frau Fischer scheut sich nie, sich unangenehmen Konfrontationen und Situationen des Schulalltags zu stellen, hinzuschauen und Lösungen zu suchen. Das kann von Beteiligten sicher als Angriff auf die persönliche Komfortzone gedeutet werden, es könnte einem aber unter Umständen auch neue Horizonte und Chancen eröffnen», halten die Lehrpersonen fest. Sie appellieren an die Eltern, der Schulleiterin, den Lehrpersonen und der Schule ihr Vertrauen zu schenken. «Wir alle und besonders unsere Schulleiterin stecken unser Herzblut in diese Schule.» Sie seien überzeugt, mit Schulleiterin Nadia Fischer auf dem richtigen Weg zu sein.

Interne Lösung gefunden 

Vorwürfe bezüglich Mobbing und fehlender Wertschätzung stehen im Raum. Nadia Fischer dementiert: «Wenn es so wäre, würde nicht die gesamte verbliebene Lehrerschaft hinter uns stehen.» Auch eine interne Lösung zu finden, wäre mit viel Gegenwind aus der Lehrerschaft nicht möglich gewesen, ergänzt sie.

Denn es bleiben nur zwei Wochen, in denen eine neue Lehrperson für die 5./6. Klasse gefunden werden muss. «Die Medienpräsenz macht es sicher nicht einfacher», stellt Nadia Fischer fest. Die Ausschreibung läuft. «Wir stellen aber nur jemand Neues ein, wenn diese Person absolut qualifiziert ist.» In der Hinterhand hat Fischer eine interne Lösung. Mit einem noch zu entwickelnden dreistufigen Unterrichtsmodell sollen die Schüler ideal von ihnen bekannten Lehrerinnen und Lehrern auf die Oberstufe vorbereitet werden. «Dass es für die Kinder strukturiert weitergeht, steht an oberster Stelle», sagt Fischer. Ein Schulzimmer voller Kinder, aber ohne Lehrperson werde es nach den Sportferien ganz sicher nicht geben. Vielmehr hoffen Fischer und Kramis, dass Ruhe einkehrt, «vor allem den Kindern zuliebe».

 


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